Schlingnatter

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Die Schlingnatter
(Coronella austriaca)


Schlingnatter © Ina Blanke

Name:

Die Schlingnatter überwältigt größere Beutetiere durch Umschlingen bzw. Erdrosseln, das beschreibt dieser  Name. Aufgrund ihrer glatten, ungekielten Schuppen wird sie auch als Glattnatter bezeichnet. Die Übersetzung des lateinischen Artnamens Coronella austriaca lautet „Österreichisches Krönchen“. Hiermit wird wohl die häufig zackenförmige und „kronenähnliche“ Zeichnung auf dem Hinterkopf und Hals beschrieben.

Kennzeichen:

Schlingnattern haben ein schlankes Erscheinungsbild, runde Pupillen und glatte Schuppen. Die Grundfarbe der Tiere ist grau, braun oder rötlich. Die Rückenzeichnung besteht häufig aus zeilenartig angeordneten Flecken; sie ist fast immer unterbrochen. Hinterkopf, Hals und Rücken sind dunkel gemustert. Charakteristisch ist zudem ein dunkler Strich, der vor oder hinter dem Auge beginnt und sich bis zum Hals zieht. Hinzu kommt ein dunkles Muster auf Hinterkopf und Hals. Die längste bekannte Schlingnatter brachte es auf 90 cm, die meisten werden jedoch nur 45 bis 65 cm lang. Die Körperproportionen, runden Pupillen, Zeichnungsunterschiede sowie die ungekielten Schuppen erlauben eine sichere Unterscheidung von der Kreuzotter. Durch das Fehlen von hellen Mondflecken im Nacken kann die Schlingnatter von den deutlich längeren Arten Ringel- und Äskulapnatter unterschieden werden.

Häutungsrest einer Schlingnatter © Ina Blanke
Große Kopfschilder und glatte, ungekielte Schuppen: Häutungsrest einer Schlingnatter.
Foto: Ina Blanke

Die Fleckenmuster auf dem Hinterkopf und dem Rücken bleiben zeitlebens konstant. Auch die Pigmentierung der Kopfschilder ändert sich kaum. Da diese Merkmale bei verschiedenen Schlingnattern sehr unterschiedlich ausgebildet sind, eignen sie sich gut zur dauerhaften Individualerkennung. Die unten stehenden Beispielfotos zeigen Individuen aus demselben Moorgebiet:

Färbung und Zeichnungsmuster von fünf Schlingnattern © Ina Blanke
Zeichnungs- und Farbvielfalt innerhalb einer Population. Fotos: Ina Blanke

Verbreitung:

Die Schlingnatter ist in fast ganz Europa, im mittleren Osten und in Westsibirien zu finden. Die nördlichsten Vorkommen leben auf den finnischen Åland-Inseln, die südlichsten auf dem Peleponnes. Die Ostgrenze liegt am Tobol in Kasachstan, die westlichsten Vorkommen sind in Nordwestspanien zu finden. 
In Deutschland liegt der Verbreitungsschwerpunkt der Schlingnatter in klimatisch begünstigten Regionen in Südwest- und Süddeutschland. Weiter nördlich splittert das Vorkommen mehr und mehr auf.

Lebensräume:

Die Schlingnatter besiedelt eine Vielzahl offener bis halboffener Lebensräume, insbesondere strukturreiche Übergange zwischen offener und bewaldeter Landschaft bzw. Biotopkomplexe sind klassische Schlingnatter-Habitate. Typische Lebensräume im sind Norden Deutschlands strukturreiche Heiden, Moore und andere Magerstandorte (z. B. an Verkehrswegen), Wälder mit gut ausgebildeten Rändern und möglichst vielen Lichtungen und andere geeignete Biotopkomplexe.
Typische Fundorte der Schlingnatter zeigen oft einen Wechsel von vegetationslosen Flächen mit unterschiedlich dichter und hoher Vegetation und eine insgesamt gut ausgebildete Krautschicht. Die Bindung an Gehölze ist dabei weniger eng als bei anderen Reptilienarten. Strukturelemente wie liegendes Totholz, Baumstubben und anstehender Boden dienen als Versteck und/oder Sonnenplatz.

Bei gezielten Kartierungen und zufällig bei Pflegemaßnahmen werden Schlingnattern jedoch regelmäßig auch in struktarmarmen, vergrasten Bereichen wie dichten Beständen der Drahtschmiele gefunden. Es hat den Anschein, als würde die unterirdische Dichte von Kleinsäugern gebietsweise ihre Aufenthalte ähnlich stark beeinflussen wie die oberirdischen Strukturen (BLANKE & MERTENS 2013).

Lebensraum vergraste Sandheide © Ina Blanke
In Niedersachsen sind Schlingnattern regelmäßig auch in strukturarmen Bereichen zu finden.
Im Hintergrund die typische Strukturvielfalt (Wacholder, Stubben usw.) von Fundorten der Zauneidechse und Kreuzotter. Im Vordergrund ein typischer, offener Fundort der Schlingnatter.
Foto: Ina Blanke


Lebensweise:

Die Schlingnatter ist die unbekannteste unserer Schlangen. Zum einen wird sie häufig mit der Kreuzotter verwechselt, zum anderen lebt sie ausgesprochen heimlich. Sie ist unscheinbar und durch ihre Zeichnung perfekt getarnt bzw. geradezu „weggetarnt“. Als Mäusejäger hält sie sich gerne dort auf, wo ihre Beute zu finden ist (z. B. in Mauselöchern und -gängen) und entzieht sich auch so der Beobachtung weitgehend. Neben Kleinsäugern stehen auch Reptilien regelmäßig auf ihrem Speiseplan. Junge Schlingnattern ernähren sich (fast) ausschließlich von Kriechtieren; junge Zauneidechsen gelten als das Lieblingsfutter junger Schlingnattern. Die älteren Schlangen sind hingegen weitaus flexibler. Größere Beutetiere werden mit den Zähnen gepackt und dem muskulösen Körper umschlungen. Teilweise wird so die Beute getötet, meist aber nur geschwächt und so an der Gegenwehr gehindert.

Schlingnatter umschlingt und frisst Blindschleiche © Ina Blanke
Schlingnatter überwältigt Blindschleiche. Foto: Ina Blanke

Üblicherweise beginnt die Aktivität dieser wärmeliebenden Schlange erst im April. Im Mai finden dann die Häutungen und die meisten Paarungen statt (teilweise tritt eine zweite Paarungsphase im Hochsommer auf). Die Schlingnatter ist lebendgebärend, die Jungschlangen werden voll entwickelt zur Welt gebracht. Die dünnen Eihäute platzen während oder kurz nach der Geburt. Die Zahl der Jungtiere bzw. Eier schwankt zwischen 2 und 15 pro Weibchen. Die ersten Jungtiere können oft im August beobachtet werden. Die Weibchen pflanzen sich in der Regel nur jedes zweite Jahr fort, die „Babypause“ benötigen sie zur Erholung und zur Vorbereitung des Körpers auf die nächste Fortpflanzungsperiode.
Schlingnattern suchen ihre Winterquartiere vergleichsweise spät auf: Frühe Tiere ziehen sich schon im September zurück, viele bleiben aber im Oktober oder noch länger aktiv.

Gefährdung:

Mit dem Verlust strukturreicher Landschaften gehen auch die Lebensräume der Schlingnatter verloren. Als Ursache sind hier einerseits der dramatisch voranschreitende Verlust von Ödland, extensiv genutzten Bereichen und Waldlichtungen und anderseits intensivierte Landnutzungen (Verlust von Säumen und Rainen, Aufforstungen) und sogar eine "reptilienunfreundliche" Landschaftspflege zu nennen.

Gut getarnte und versteckte Schlingnatter  © Ina Blanke
Sich „sonnende“ Schlingnatter. Auch unter künstlichen Verstecken (KVs) liegen Schlingnattern oftmals weitgehend oder ganz verdeckt. Insbesondere bei Schlingnattern sind auf Reptilien trainierte Spürhunde (Link zu Lotte Sonnenhund bei facebook ) eine große Hilfe bei der Erfassung.
Foto: Ina Blanke

Zudem ist die Schlingnatter noch schwieriger nachzuweisen, als das bei Reptilien ohnehin der Fall ist. Entsprechend werden ihre Vorkommen allzu oft überplant oder versehentlich vernichtet. In derartigen Fällen nützt der strenge Schutzstatus der Schlingnatter als Art des Anhangs IV der FFH-Richtlinie leider wenig.

Weitere Informationen zur Gefährdung und zum Schutz von Reptilien.

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Verwendete und weiterführende Literatur:

ALFERMANN, D., R. PODLOUCKY, M. SCHWEIGER, A. MEYER & E. ENGEL (2012): Die Schlingnatter - Reptil des Jahres 2013.

BLANKE, I. & D. MERTENS (2013): Kriechtiere. - In: KAISER, T. (Hrsg.): Das Naturschutzgebiet Lüneburger Heide - Natur- und Kulturerbe von europäischem Rang. - VNP-Schriften 4:289-305.

GÜNTHER, R. & W. VOELKL (1996): Schlingnatter - Coronella austriaca. - In: GÜNTHER, R. (Hrsg.): Die Amphibien und Reptilien Deutschlands. - Jena (Gustav Fischer): 631-647.

PODLOUCKY, R. & M. WAITZMANN (1993): Lebensraum, Gefährdung und Schutz der Schlingnatter (Coronella austriaca LAURENTI 1768) im Norddeutschen Tiefland und in den Mittelgebirgslagen Südwestdeutschlands. - In: GRUSCHWITZ, M., P. M. KORNACKER, R. PODLOUCKY, W. VÖLKL & M. WAITZMANN (Hrsg.): Verbreitung, Ökologie und Schutz der Schlangen Deutschlands und angrenzender Gebiete. - Mertensiella 3: 59-76.

VÖLKL, W. & D. KÄSEWIETER (2003): Die Schlingnatter. – Bielefeld (Laurenti).

Tagungsbeiträge zur internationalen Schlingnatter-Tagung am 23. und 24. November 2013 in Isernhagen: "Verbreitung, Ökologie und Schutz der Schlingnatter (Coronella austriaca) Reptil des Jahres 2013 ".

Weitere Literatur
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