(Podarcis muralis)

Die Mauereidechse besiedelt gerne altes Mauerwerk, daher sind sowohl ihr deutscher Name als auch die Artbezeichnung muralis (= an oder in Mauern lebend) gut gewählt. Podarcis heißt soviel wie schnellfüßig und ist ebenfalls sehr treffend.
Kennzeichen:
Mauereidechsen sind schlank und überaus flink. Ihr Körper ist abgeflacht, ihre Beine sind kräftig und mit der bis zu doppelten Körperlänge wird ihr Schwanz sehr lang. Färbung und Zeichnung weisen eine große Variationsbreite auf. Meist zeigt die Oberseite eine braune Färbung und ein schwarzes Fleckenmuster; diese Flecken können - insbesondere bei Männchen - zu einem Netzmuster zusammenfließen. Bei anderen Tieren sind dagegen mehr oder minder deutlich abgegrenzte helle und dunkle Längsstreifen ausgebildet. Die Körperseiten tragen meist ein dunkles Längsband, das mit hellen Flecken durchsetzt sein kann. Zum Rücken hin ist dieses Längsband oft mit einem schmalen Zickzackband versehen. Mitunter ist der untere Bereich der Körperseiten blau gefleckt.

Fotos: Ina Blanke
Diese sind auch fernab des natürlichen Areals zu finden (z. B. in Kanada). Die Fachliteratur nennt als weltweit nördlichsten Lebensraum eines sich fortpflanzenden Bestandes derzeit einen Deich im Norden von Winsen a. d. Luhe. Noch weiter nördlich liegt der botanische Garten in Rostock, aus dem es Fotobelege gibt.

Mauereidechsen sind licht- und wärmeliebend. Je nach Witterung suchen sie in Deutschland zwischen Ende September und November ihre Winterquartiere auf. Ihre Überwinterung stellt eine Reaktion auf widrige Witterungsbedingungen dar (was für deutsche Reptilien, die meist ihrer „inneren Uhr“ folgen, ungewöhnlich ist). Mauereidechsen sind auch bei längeren Schönwetterperioden im Winter aktiv.
Die Hauptaktivitätsperiode beginnt meist im März oder April. Die erwachsenen Männchen werden i. d. R. einige Wochen vor dem Rest der Population aktiv. Mit dem Erscheinen der Weibchen beginnen Revierstreitigkeiten zwischen den Männchen. Männliche Rivalen werden rigoros vertrieben, wobei es zu heftigen Kämpfen kommen kann. Weibchen kämpfen dagegen nicht untereinander, in den Revieren der Männchen sind sie gern gesehen.
Paarungen erfolgen meist zwischen Ende April und Anfang Juni, Eiablagen finden überwiegend zwischen Mitte Mai und Anfang August statt. In Abhängigkeit von der Witterung und der Qualität des Lebensraumes legen deutsche Mauereidechse ein bis drei Gelege pro Jahr ab. Die ersten Jungtiere können im Juli beobachtet werden.
Die Mauereidechse gilt als Charakterart der Weinbauregionen Südwestdeutschlands, entsprechend haben veränderte Wirtschaftsweisen im Weinbau großen Einfluss auf ihre Bestände. Durch Flurbereinigungen wurden und werden Jahrhunderte alte, kleinparzellierte Rebfluren mit zahlreichen Trockenmauern in maschinengerechte Schläge umgestaltet. Die Mauern verschwinden dabei fast vollständig, bei den verbleibenden bzw. neuen handelt es sich meist um fugenlose Betonmauern. Mit den Nischen und Ritzen verschwinden auch die Mauereidechsen, die zudem unter dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln leiden.
Schwer zu bewirtschaftende Steillagen werden oftmals aufgegeben, durch zunehmende Verbuschung und Beschattung gehen auch diese Flächen allmählich als Lebensraum der Mauereidechse verloren.
Schutz heimischer Mauereidechsen:
Bei der Mauereidechse kommt es darauf an, ob es sich um heimische (autochthone) oder gebietsfremde (allochthone) Linien handelt. Heimische Mauereidechsen in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet sind streng geschützt.
Wie bei anderen Arten beinhaltet der Schutz der Mauereidechse die Sicherung ihrer Lebensräume. Von diesen stellen versteckreiche Mauern einen wesentlichen Bestandteil. Bei Sanierungen ist es wichtig, abschnittsweise vorzugehen, so dass jeweils Rückzugsgebiete für möglichst viele Tiere erhalten bleiben. Sowohl beim Verfugen als auch beim Bau von Mauern sollte auf das Vorhandensein tiefer Spalten in möglichst großer Anzahl geachtet werden. Anstelle von Betonmauern sollten Drahtschotter-Gabionen errichtet werden, die deutlich preiswerter als (die nahezu unbezahlbaren) Trockenmauern sind.
Brachliegende Rebfluren, Steinbrüche und andere Sekundärstandorte können durch Pflegemaßnahmen (Entbuschung) als Mauereidechsen-Lebensraum erhalten werden. Diese Empfehlungen beziehen sich auf Lebensräume der heimischen= autochtonen Mauereidechsen. Wo dies noch möglich ist, sollten ihre Bestände - und ihre genetische Einzigartigkeit - vor gebietsfremden Mauereidechsen geschützt werden:
Gebietsfremde Mauereidechsen fallen dagegen nicht unter den besonderen Artenschutz. Darauf weisen (auch unter Verweis auf klare Vorgaben der EU) einige Bundesländer ausdrücklich hin. In Bayern, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz wird dazu aufgerufen, die gebietsfremden Vertreter dort, wo das noch möglich ist, einzudämmen.
Diese Eindämmung dient nicht zuletzt dem Schutz heimischer Echsen (heimische Mauereidechsen und ihr einzigartiger Genpool) sowie die anderen heimischen Echsenarten. So sind durch das oft massenhafte Auftreten und der langen Aktivitätsperiode der gebietsfremden Mauereidechsen zumindest lokal deutliche Effekte auf Insekten zu erwarten.
Heimische Eidechsen werden teilweise in weniger als 10 Jahren durch gebietsfremde Mauereidechsen verdrängt; Lebensräume der Zauneidechsen werden dabei z. T. regelrecht überschwemmt.
Zu Beginn der Ansiedlung sind die Vorkommen der Mauereidechse i. d. R. klein, durch exponentielles Wachstum riesige Bestände aus mehreren Tausend Individuen entwickeln. Eine Kontrolle sollte daher möglichst frühzeitig erfolgen (BLANKE & SCHULTE 2022).
Verwendete und weiterführende Literatur
BLANKE, I. & S. LORENZ (2019): Mauereidechsen in Niedersachsen - streng geschützte oder invasive Art? – Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 38 (4): 229-234, auch unter
https://www.nlwkn.niedersachsen.de/download/157086
BLANKE, I. & U: SCHULTE (2022): Gebietsfremde Mauereidechsen in Deutschland. Ausbreitung, rechtlicher Rahmen und Empfehlungen zum Umgang. – Naturschutz und Landschaftsplanung 54: 14-21, auch unter https://www.nul-online.de/themen/artenschutz-und-biotopverbund/article-7045950-201984/gebietsfremde-mauereidechsen-in-deutschland-.html
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