Mauereidechse

Die Mauereidechse
(Podarcis muralis)


Mauereidechse in Mauerspalte © Ina Blanke

Name:

Die Mauereidechse besiedelt gerne altes Mauerwerk, daher sind sowohl ihr deutscher Name als auch die Artbezeichnung muralis (= an oder in Mauern lebend) gut gewählt. Podarcis heißt soviel wie schnellfüßig und ist ebenfalls sehr treffend.

Kennzeichen:

Mauereidechsen sind schlank und überaus flink. Ihr Körper ist abgeflacht, ihre Beine sind kräftig und mit der bis zu doppelten Körperlänge wird ihr Schwanz sehr lang. Färbung und Zeichnung weisen eine große Variationsbreite auf. Meist zeigt die Oberseite eine braune Färbung und ein schwarzes Fleckenmuster; diese Flecken können - insbesondere bei Männchen - zu einem Netzmuster zusammenfließen. Bei anderen Tieren sind dagegen mehr oder minder deutlich abgegrenzte helle und dunkle Längsstreifen ausgebildet. Die Körperseiten tragen meist ein dunkles Längsband, das mit hellen Flecken durchsetzt sein kann. Zum Rücken hin ist dieses Längsband oft mit einem schmalen Zickzackband versehen. Mitunter ist der untere Bereich der Körperseiten blau gefleckt.

Mauereidechsen-Männchen © Ina Blanke
Mauereidechsen-Weibchen © Ina Blanke
Männchen (links) und Weibchen (oben) der Mauereidechse.
Fotos: Ina Blanke

In Südeuropa leben zahlreiche eng verwandte und ähnlich aussehende Arten, in Deutschland sollte die korrekte Artansprache dagegen leicht fallen. In Zweifelsfällen kann man sie hier anhand des glatten Hinterrandes des Halsbandes von Waldeidechsen unterscheiden (Details siehe Kennzeichen bzw. Bestimmung von Reptilien).

  Verbreitung:

Die Mauereidechse ist vor allem im Mittelmeerraum beheimatet. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich zwischen Rumänien im Osten und Mittelspanien im Westen. Im Südosten erreicht es Nordwestanatolien, die Nordgrenze verläuft durch Nordösterreich, die südlichen Niederlande sowie die südwestdeutschen Mittelgebirge.
Ihre deutschen Verbreitungsschwerpunkte liegen im Bereich der klimatisch begünstigten Hanglagen der Flüsse Rhein, Neckar, Mosel, Nahe, Lahn und Ahr, also in durch Weinbau geprägten Regionen.

Natürlich kommt die Mauereidechse in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Bayern vor. Die Arealgrenze verläuft durch den Westen von Hessen; im Süden von Nordrhein-Westfalen werden die Eifel und das Rheintal bei Bonn besiedelt.
Sowohl im natürlichen Verbreitungsgebiet als auch in anderen Bundesländern gibt es auf Aussetzungen oder Verschleppungen zurückgehende Bestände.  
Diese sind auch fernab des natürlichen Areals zu finden (z. B. in Kanada). Die Fachliteratur nennt als weltweit nördlichsten Lebensraum eines sich fortpflanzenden Bestandes derzeit einen Deich im Norden von Winsen a. d. Luhe. Noch weiter nördlich liegt der botanische Garten in Rostock, aus dem es Fotobelege gibt.

Lebensräume:

Zu den ursprünglichen Lebensräumen der Mauereidechse zählen u.a. sonnenexponierte Felsen, Geröllhalden, gerölldurchsetzte Trockenrasen und Kiesbänke der großen Flüsse. Da diese natürlichen Lebensräume heute weitestgehend verschwunden sind, sind Mauereidechsen insbesondere an unverfugten Trockenmauern in Weinbergen, an Bahndämmen, Ruinen, Burgen und anderen menschgemachten Felslandschaften zu finden. Kennzeichnend für ihre Lebensräume sind offene, sonnenbeschienene Steinflächen mit zahlreichen Unterschlupfen in Form von Fugen und Hohlräumen. Neben diesen vegetationsfreien Bereichen sind auch unterschiedlich dicht bewachsene Abschnitte notwendig. Ideal ist es, wenn die Lebensräume nach Südosten bis Südwesten ausgerichtet sind. Zur Eiablage werden vegetationslose oder -arme Bodenstellen benötigt.

Zumindest in Niedersachsen sind gebietsfremde Mauereidechsen auch in nicht-wärmebegünstigen Habitaten zu finden, so in nicht gut besonnten Kleingärten und in Teichgebieten. Daneben werden auch extrem trockene und karge (Teil-) Lebensräume besiedelt, z. B. sogenannten "Schottergärten" (s. Abb. weiter unten).

Suchbild mit Lebensraum und Mauereidechse © Ina Blanke
Natürlicher Lebensraum (im Ahrtal) mit Mauereidechse. Foto: Ina Blanke

Lebensweise:

Mauereidechsen sind licht- und wärmeliebend. Je nach Witterung suchen sie in Deutschland zwischen Ende September und November ihre Winterquartiere auf. Ihre Überwinterung stellt eine Reaktion auf widrige Witterungsbedingungen dar (was für deutsche Reptilien, die meist ihrer „inneren Uhr“ folgen, ungewöhnlich ist). Mauereidechsen sind auch bei längeren Schönwetterperioden im Winter aktiv.

Die Hauptaktivitätsperiode beginnt meist im März oder April. Die erwachsenen Männchen werden i. d. R. einige Wochen vor dem Rest der Population aktiv. Mit dem Erscheinen der Weibchen beginnen Revierstreitigkeiten zwischen den Männchen. Männliche Rivalen werden rigoros vertrieben, wobei es zu heftigen Kämpfen kommen kann. Weibchen kämpfen dagegen nicht untereinander, in den Revieren der Männchen sind sie gern gesehen.

Paarungen erfolgen meist zwischen Ende April und Anfang Juni, Eiablagen finden überwiegend zwischen Mitte Mai und Anfang August statt. In Abhängigkeit von der Witterung und der Qualität des Lebensraumes legen deutsche Mauereidechse ein bis drei Gelege pro Jahr ab. Die ersten Jungtiere können im Juli beobachtet werden.

Gefährdung von Mauereidechsen:

Die Mauereidechse gilt als Charakterart der Weinbauregionen Südwestdeutschlands, entsprechend haben veränderte Wirtschaftsweisen im Weinbau großen Einfluss auf ihre Bestände. Durch Flurbereinigungen wurden und werden Jahrhunderte alte, kleinparzellierte Rebfluren mit zahlreichen Trockenmauern in maschinengerechte Schläge umgestaltet. Die Mauern verschwinden dabei fast vollständig, bei den verbleibenden bzw. neuen handelt es sich meist um fugenlose Betonmauern. Mit den Nischen und Ritzen verschwinden auch die Mauereidechsen, die zudem unter dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln leiden.

Schwer zu bewirtschaftende Steillagen werden oftmals aufgegeben, durch zunehmende Verbuschung und Beschattung gehen auch diese Flächen allmählich als Lebensraum der Mauereidechse verloren.
Große Bestände von Podarcis muralis leben an Bahnanlagen. Innerstädtische Güterbahnhöfe werden kaum noch benötigt und daher zunehmend als Gewerbeflächen vermarktet, wodurch den Eidechsen weiterer Lebensraum entzogen wird. Mauereidechsen werden auch durch Sanierungen an Ruinen und Burgen gefährdet, da hierbei oftmals „ihre“ Hohlräume verfugt und verputzt werden.


Gefährdung durch Mauereidechsen:

An vielen Stellen innerhalb und außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets leben künstlich angesiedelte (allochthone) Bestände, die durch Einkreuzungen anderer Unterarten den Genpool der standorttypischen Mauereidechsen zerstören und an dere heimische Eidechsenarten verdrängen können. So stammen die niedersächsischen Vorkommen ursprünglich aus mindestens vier europäischen Ursprungsgebieten (SCHULTE et al. 2011).
Auch für nicht-heimische Mauereidechsen gelten die gesetzlichen Regelungen für gebietsfremde Arten gemäß § 40 Abs. 1 BNatSchG: „Das Ausbringen von Pflanzen in der freien Natur, deren Art in dem betreffenden Gebiet in freier Natur nicht oder seit mehr als 100 Jahren nicht mehr vorkommt, sowie von Tieren bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde. (…) Die Genehmigung ist zu versagen, wenn eine Gefährdung von Ökosystemen, Biotopen oder Arten der Mitgliedstaaten nicht auszuschließen ist.“
Da Gefährdungen heimischer Arten vielfach dokumentiert sind, ist diese Genehmigung zu versagen. Entsprechend sind auch Umsiedlungen gebietsfremder Mauereidechsen nicht zulässig, gegen versehentliche Verschleppungen, z. B. mit Abrissmaterial, ist Vorsorge zu tragen. Auch unabsichtliche Förderungen durch Habitataufwertungen sollten vermieden werden.


Hübsch anzusehen und überaus konkurrenzstark: Gebietsfremde Mauereidechsen in Hannover (links in historischer Gartenanlage, rechts in Gewerbegebiet). 
Fotos: Ina Blanke


Schutz heimischer Mauereidechsen:


Bei der Mauereidechse kommt es darauf an, ob es sich um heimische (autochthone) oder gebietsfremde (allochthone) Linien handelt. Heimische Mauereidechsen in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet sind streng geschützt.

Wie bei anderen Arten beinhaltet der Schutz der Mauereidechse die Sicherung ihrer Lebensräume. Von diesen stellen versteckreiche Mauern einen wesentlichen Bestandteil. Bei Sanierungen ist es wichtig, abschnittsweise vorzugehen, so dass jeweils Rückzugsgebiete für möglichst viele Tiere erhalten bleiben. Sowohl beim Verfugen als auch beim Bau von Mauern sollte auf das Vorhandensein tiefer Spalten in möglichst großer Anzahl geachtet werden. Anstelle von Betonmauern sollten Drahtschotter-Gabionen errichtet werden, die deutlich preiswerter als (die nahezu unbezahlbaren) Trockenmauern sind.

Brachliegende Rebfluren, Steinbrüche und andere Sekundärstandorte können durch Pflegemaßnahmen (Entbuschung) als Mauereidechsen-Lebensraum erhalten werden. Diese Empfehlungen beziehen sich auf Lebensräume der heimischen= autochtonen Mauereidechsen. Wo dies noch möglich ist, sollten ihre Bestände - und ihre genetische Einzigartigkeit - vor gebietsfremden Mauereidechsen geschützt werden:


Gebietsfremde Mauereidechsen fallen dagegen nicht unter den besonderen Artenschutz. Darauf weisen (auch unter Verweis auf klare Vorgaben der EU) einige Bundesländer ausdrücklich hin. In Bayern, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz wird dazu aufgerufen, die gebietsfremden Vertreter dort, wo das noch möglich ist, einzudämmen.

Diese Eindämmung dient nicht zuletzt dem Schutz heimischer Echsen (heimische Mauereidechsen und ihr einzigartiger Genpool) sowie die anderen heimischen Echsenarten. So sind durch das oft massenhafte Auftreten und der langen Aktivitätsperiode der gebietsfremden Mauereidechsen zumindest lokal deutliche Effekte auf Insekten zu erwarten. 

Heimische Eidechsen werden teilweise in weniger als 10 Jahren durch gebietsfremde Mauereidechsen verdrängt; Lebensräume der Zauneidechsen werden dabei z. T.  regelrecht überschwemmt.

Zu Beginn der Ansiedlung sind die Vorkommen der Mauereidechse i. d. R. klein, durch exponentielles Wachstum riesige Bestände aus mehreren Tausend Individuen entwickeln. Eine Kontrolle sollte daher möglichst frühzeitig erfolgen (BLANKE & SCHULTE 2022).



Verwendete und weiterführende Literatur

BLANKE, I. & S. LORENZ (2019): Mauereidechsen in Niedersachsen - streng geschützte oder invasive Art? – Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 38 (4): 229-234, auch unter

https://www.nlwkn.niedersachsen.de/download/157086

BLANKE, I. & U: SCHULTE (2022): Gebietsfremde Mauereidechsen in Deutschland. Ausbreitung, rechtlicher Rahmen und Empfehlungen zum Umgang. – Naturschutz und Landschaftsplanung 54: 14-21.


FRANZEN, M. & U. SCHULTE (2019): Mauereidechse Podarcis muralis (Laurenti, 1768).  – In: ANDRÄ, E., O. ASSMANN, T. DÜRST, G. HANSBAUER & A. ZAHN: Amphibien und Reptilien in Bayern. – Stuttgart (Eugen Ulmer):  350-355.


FRITZ, K. (1987): Die Bedeutung anthropogener Standorte als Lebensraum für die Mauereidechse (
Podarcis muralis ). – Beihefte zu den Veröffentlichungen für Naturschutz und Landschaftspflege in Baden-Württemberg 41:427-462.

GRUSCHWITZ, M. & W. BÖHME (1984): Podarcis muralis (Laurenti, 1768). – In: BÖHME, W. (Hrsg.): Handbuch der Reptilien und Amphibien Europas. Bd. 2/II Echsen (Sauria), III (Podarcis), Wiesbaden (Aula): 155 - 208.

GÜNTHER, R, H. LAUFER& M. WAITZMANN (1996). Mauereidechse -
Podarcis muralis. – In: GÜNTHER, R. (Hrsg.): Die Amphibien und Reptilien Deutschlands. - Jena (Gustav Fischer): 600-617.

LAUFER, H.,  M. WAITZMANN & P. ZIMMERMANN (2007): Mauereidechse
Podarcis muralis (Laurenti, 1768). – In: LAUFER, H., K. Fritz & P. SOWIG: Die Amphibien und Reptilien Baden-Württembergs: 577-596.


LFU (BAYERISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT) (2018): Mauereidechse ( Podarcis muralis ). – www.lfu.bayern.de/natur/sap/arteninformationen/steckbrief/zeige?stbname=Podarcis+muralis .


SCHUMACHER, J. & A. SCHUMACHER (2020): Ausbringen von Pflanzen in der freien Natur. – Naturschutz und Landschaftsplanung 52 (3): 140-141.


SCHULTE, U. (2008): Die Mauereidechse. – Bielefeld (Laurenti).


SCHULTE, U. (2010): Die Mauereidechse – Reptil des Jahres 2011. - Aktionsbroschüre.


SCHULTE, U., K. BIDINGER, G. DEICHSEL , A. HOCHKIRCH, B. THIESMEIER & M. VEITH (2011): Verbreitung, geografische Herkunft und naturschutzrechtliche Aspekte allochthoner Vorkommen
der Mauereidechse (
Podarcis muralis ) in Deutschland. – Zeitschrift für Feldherpetologie 18:
161-180. 



Weitere Literatur

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