Waldeidechse

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Die Waldeidechse
(Zootoca  vivipara)

  

Waldeidechse © Ina Blanke

Name:


Der Artname vivipara beschreibt die Fortpflanzung der üblicherweise lebendgebärenden Waldeidechse. Früher lautete ihr Gattungsname Lacerta , mittlerweile hat sich die Bezeichnung Zootoca durchgesetzt. Mit dieser Namensänderung wurde der deutlichen Differenzierung der Waldeidechse von allen übrigen Eidechsengattungen Rechnung getragen. Neben morphologischen Merkmalen sind hier insbesondere die geringere Anzahl von Chromosomen sowie ein komplexes System der weiblichen Geschlechtschromosomen zu nennen.

Waldeidechse ist der gebräuchlichste deutsche Name, daneben beschreiben Berg-, Wiesen- Mooreidechse dasselbe Tier, beziehungsweise dessen Lebensräume.



Kennzeichen:

Besonders auffallend sind der kleine, kaum vom Hals abgesetzte Kopf sowie der kleine und zierliche Körper. Insbesondere bei Männchen wirkt der Schwanz im vorderen Teil kantig.
Die Grundfarbe von Waldeidechsen ist braun, hinzukommen helle und dunkle Zeichnungselemente. Die Flanken sind üblicherweise dunkler als der Rücken. Zwischen Rücken und Flanken verlaufen (wie bei vielen anderen Eidechsen-Arten) zwei sandfarbene (Parietal-) Bänder. Zwischen diesen beigen Bändern befinden sich drei, mehr oder minder stark aufgelöste, schwarze Linien: Auf der Rückenmitte verläuft ein dunkler Aalstrich, der insbesondere bei Männchen meist in einzelne Punkte oder Striche aufgelöst ist. An den seitlichen Rändern des Rückens sind oftmals wiederum aufgelöste schwarze Linienbänder zu finden, die von aufgelösten weißen Streifen begleitet sein können. Die Gesamtlänge von Waldeidechsen überschreitet 15 cm nur sehr selten.


3 Waldeidechsen © Ina Blanke

Ein kleines Tierchen erobert „fast die halbe“ Welt: Abgesehen von einigen Meeresschildkröten besitzt die Waldeidechse das größte Verbreitungsgebiet aller Reptilienarten ( Gesamtareal laut IUCN). Die westlichsten Vorkommen liegen vor der Südwestküste Irlands, die östlichsten auf den Inseln Sachalin (Russland) und Hokkaido (Japan). Die West-Ost-Ausdehnung entspricht damit etwa 11.000 km. Zwischen den südlichsten und nördlichsten Fundpunkten liegen mehr als 3.100 km. Die südlichsten Vorkommen sind in Süd-Bulgarien zu finden, die nördlichsten Vorkommen liegen jenseits des Polarkreises in Norwegen. 

Lebensräume:

Waldeidechsen bewohnen eine Vielzahl unterschiedlicher Lebensräume (Sanddünen, Gewässer- und Waldränder, Moore, Heiden, Wiesen, Raine, alpine Matten usw.). Trotz ihres „gegenteiligen“ Names sind Waldeidechsen auch in relativ jungen Biotopen bzw. frühen Sukzessionsstadien zu finden. Die vielfältigen Lebensräume der Waldeidechse weisen in der Regel folgende gemeinsame Merkmale auf:

·         Weitgehend geschlossene und deckungsreiche Vegetation
·         Exponierte Stellen (Baumstümpfe, liegendes Holz) als Sonnenplatz
·         Strukturelemente aus höherer Vegetation (einzelne Büsche und Bäume)
·         Etwas Bodenfeuchtigkeit


Waldeidechsen auf Totholz  © Ina Blanke
Drei Waldeidechsen am Sonnenplatz.
Fotos: Ina Blanke
Sonnenplatz mit Waldeidechsen  © Ina Blanke

 Lebensweise :

Unser „Waldeidechsen-Jahr“ beginnt oft Ende Februar oder im März. Dann verlassen die ersten Waldeidechsen-Männchen ihre Winterquartiere im mitteleuropäischen Tiefland. Die vorjährigen Jungtiere und die Weibchen erscheinen meist 2-4 Wochen später. Beim Auftauchen der Weibchen haben sich die Männchen bereits gehäutet und sind paarungsbereit. Die Paarungszeit erstreckt sich oftmals über den April und Mai. Ein typisches Balzverhalten ist bei der Waldeidechse nicht zu beobachten. Nach der Befruchtung halten hiesige Weibchen die Eier im Eileiter zurück, so dass die gesamte Embryonalentwicklung im mütterlichen Leib abläuft. Um diese zu beschleunigen, suchen die Muttertiere im Tageslauf wechselnde, kleinklimatisch besonders günstige Stellen auf. Je nachdem, wie gut ihnen das gelingt, liegt die Tragzeit zwischen fünf Wochen und drei Monaten.


Hochträchtige Waldeidechse  © Ina Blanke
Hochträchtige Waldeidechse. Foto: Ina Blanke

Die ersten Jungtiere werden meist im Juli oder August abgesetzt. Ein Wurf oder Gelege umfasst dabei zwischen 3 und 11 Jungtieren. Die älteren Waldeidechsen ziehen sich meist im September in ihre Winterquartiere zurück, die jüngsten bleiben teilweise noch länger aktiv.

Fast im gesamten Verbreitungsgebiet ist die Waldeidechse lebendgebärend. In Nordspanien, den Pyrenäen und im südwestlichen Frankreich legen die Weibchen ihre Eier dagegen in einem frühen Entwicklungsstadium ab, sind also eierlegend. Auch in Süd-Slowenien wurden eierlegende Waldeidechsen entdeckt, das Vorkommen dieser Form konnte anschließend auch für einige der Nachbarländer belegt werden. Im Gegensatz zu allen anderen Vorkommen haben diese Waldeidechsen (
Zootoca vivipara carniolica ) in beiden Geschlechtern 36 Chromosomen. Die Waldeidechse ist also in vielerlei Hinsicht für Überraschungen gut.

Gefährdung :

Wie andere Arten ist die Waldeidechse durch den Verlust ihrer Lebensräume bedroht. Entsprechend ihrer vielfältigen Lebensräume sind die Gründe für die Lebensraum-Verluste vielfältig. Als Beispiele seien Vernichtungen von ungenutzten Rainen, Hecken oder Ödland, Waldlichtungen und Grünland sowie sowie Verkürzungen von Waldrändern durch Vorpflanzungen zu nennen.

Anscheinend leidet die Waldeidechse aber auch sehr unter den Folgen des Klimawandels bzw. steigender Trockenheit: Auch bei unverändert erscheinenden Habitaten werden seit Jahren viele Bestände kleiner oder sind mittlerweile ganz verschwunden.

Anschaulich deutlich wird das in den Daten des niederländischen Monitoring-Netzwerks von RAVON.


In der Roten Liste Deutschlands wird die Waldeidechse seit 2020 auf der Vorwarnliste geführt (zuvor galt sie als ungefährdet).

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Verwendete und weiterführende Literatur  

GLANDT, D. (2001): Die Waldeidechse. - Bochum (Laurenti).

GÜNTHER, R. & W. VOELKL (1996): Waldeidechse -
Lacerta vivipara - In: GÜNTHER, R. (Hrsg.): Die Amphibien und Reptilien Deutschlands. - Jena (Gustav Fischer): 588-600.

MAYER, W. & W. BISCHOFF (1996): Beiträge zur taxonomischen Revision der Gattung Lacerta (Reptilia: Lacertidae), Teil 1: Zootoca,
Omanosaura , Timon und Teira als eigenständige Gattungen. - Salamandra 32 (3): 163-170.


MAYER, W., BÖHME, W., TIEDEMANN, F. & W. BISCHOFF (2000): On oviparous populations of Zootoca vivipara (Jacquin, 1787) in south-eastern Central Europe and their phylogenetic relationship to neighbouring viviparous and south-west European oviparous populations. - Herpetozoa 13(1/2): 59–69

Tagungsbeiträge zur internationalen Waldeidechsen-Tagung vom 17. bis 19. November 2006 in Bonn: „ Die Waldeidechse (
Lacerta ( Zootoca ) vivipara ) Evolution, Ausbreitungsgeschichte, Ökologie und Schutz der erfolgreichsten Reptilienart der Welt “.

Weitere Literatur

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