Würfelnatter

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Die Würfelnatter
(Natrix tessellata)


Würfelnatter  © Ina Blanke.

Name:

Die Oberseite der Würfelnatter ist häufig mehr oder minder viereckig gemustert (= gewürfelt). Auch die lateinische Artbezeichnung bezieht sich auf dieses Zeichnungsmuster (tessellata = mit Vierecken oder Würfeln versehen). Der Gattungsname Natrix lautet übersetzt die Schwimmerin, was für eine Wassernatter sehr zutreffend ist.

Kennzeichen:

Durch 3-5 Längsreihen dunkler Flecke, die zu Querbändern zusammenlaufen können, erscheint die Oberseite (Rücken, Flanken, Schwanz) gewürfelt. Ältere Tiere wirken teilweise einfarbig. Die Grundfarbe ist oberseits Grau, Oliv oder Braun in verschiedenen Tönungen. Die Schuppen an den Körperseiten sind häufig weiß gesprenkelt.
Der kantige Kopf ist schmal und spitz und mit großen und glatten Schildern bedeckt. Die Nasenlöcher sind groß und von oben gut sichtbar, gleiches gilt für die Augen. Die Körperschuppen sind gekielt, nur die unterste Seite der Flankenschuppen ist ungekielt.
Deutsche Würfelnattern werden maximal etwa einen Meter lang, die Männchen erreichen dabei maximal um die 80 cm.


Würfelnatter beim Luftholen  © Ina Blanke
Würfelnattern müssen regelmäßig zum Luftholen an die Wasseroberfläche kommen.
Foto: Ina Blanke

Verbreitung:

Die Würfelnatter ist im südlichen Mittel- und Südosteuropa, Klein- und Mittelasien bis ins westliche China und nordwestliche Indien verbreitet. So werden u. a. die Balkanhalbinsel, der südliche Teil Russlands, die Türkei und Afghanistan besiedelt. Auch das Nil-Delta (und damit ein Teil von Nordafrika) wird bewohnt, vgl. Artareal laut IUCN-Map.

Zum Verbreitungsgebiet zählen auch Teile von Italien, Österreich, der Schweiz, Slowenien, der Tschechischen Republik und von Ungarn. In Deutschland gibt es isolierte Reliktvorkommen, die gleichzeitig die nördlichsten Fundorte der Art in Europa darstellen, siehe SEH-Verbreitungskarte.pdf.

Die deutschen Vorkommen sind nicht nur vom Hauptareal, sondern auch voneinander isoliert. Sie liegen in klimatisch günstigen Abschnitten der Flüsse Mosel, Nahe und Lahn im Bundesland Rheinland-Pfalz. An der Elbe bei Meißen (Sachsen) erfolgte der Versuch einer Wiederansiedlung.

Lebensräume:

Gewässer stellen einen wesentlichen Teil der Lebensräume der Würfelnatter. In weiten Teilen des Areals ist die Art äußerst plastisch und besiedelt neben naturnahen Fließgewässern auch Seen (z. B. Plattensee/Balaton in Ungarn) und Küstengewässer (Schwarzes Meer in Bulgarien). Am nördlichen Arealrand ist die Art jedoch nur im Bereich von Fließgewässern zu finden: In Deutschland handelt es sich dabei um gut besonnte und klimatisch begünstigte Flussläufe.
Kennzeichnend sind dabei eine naturnahe Vegetation, offene Spülsäume, Kies- und Schotterbänke und flachgründige Randbereiche (Kolke, Tümpel usw.). Diese Gewässer sind reich an Fischen und bieten diesen ausreichende Fortpflanzungsbedingungen. In angeschwemmtes Treibgut, aber auch in andere organische Ablagerungen (z. B. Misthaufen) werden die Eier abgelegt.
Hänge (z. B. Felsen, Weinberge), Dämme und Böschungen von Bahnanlagen und Straßen sowie (Trocken-) Mauern dienen als Sonnenplätze, Verstecke und Winterquartiere.

Lebensraum der Würfelnatter in Flussaue © Ina Blanke.
Lebensraum der Würfelnatter.
Foto: Ina Blanke

Lebensweise:

Bei Schattentemperaturen von mindestens 10 °C verlassen die ersten Würfelnattern ihre Winterquartiere, in Deutschland geschieht das i. d. R. im April oder Mai. Zunächst halten sie sich in der Nähe der Überwinterungsplätze auf und sonnen sich dort. Das Wasser wird frühestens bei Wassertemperaturen von 12 °C aufgesucht. Zwischen Mitte Mai und Ende Juni erfolgt die Paarung, vorzugsweise in guter Deckung im Uferbereich. Eiablagen wurden von Ende Juni bis Ende Juli beobachtet, die ersten Jungschlangen ab Anfang August. Zwischen Mitte September und Mitte Oktober werden die Winterquartiere aufgesucht.


Gefährdung:

Die Würfelnatter gilt in Rheinland-Pfalz und in Deutschland als vom Aussterben bedroht. Ihr dramatischer Bestandsrückgang ist auf Verluste und Verschlechterungen ihrer Lebensräume zurückzuführen: Ausbau, Begradigung, Verbau und Vertiefungen von Flussläufen machen diese für Würfelnattern unbewohnbar. Die Anlage von flussparallelen Verkehrswegen trennt die Lebensraum im Wasser und an Land. Dies kann wichtige Teilhabitate unerreichbar machen und gefährdet die wandernden Würfelnattern.


Die verbleibenden Lebensräume werden oft durch Verkehrswege fragmentiert.
Foto: Ina Blanke
Teilhabitate der Würfelnatter  © Ina Blanke.

Zunehmende Freizeitaktivitäten (Motorboote, Kanus, Badegäste, Angler und Ausflügler) sowie die dazu gehörenden Infrastruktureinrichtungen (Campingplätze, Häfen etc.) gefährden die Tiere (Störungen, Verletzungen durch Schiffsschrauben) und ihre Lebensräume. Auch gezielte Verfolgungen und illegales Abfangen können bestandsgefährdend wirken.
Durch nachteilige Landschaftsveränderungen und den Klimawandel nehmen extreme Hochwasser zu, wodurch insbesondere junge Schlangen leicht in ungeeignete Lebensräume verdriftet werden können.

Schutz:

Bestehende Lebensräume müssen gesichert (Schutzgebiete) und bei Bedarf gepflegt werden (Erhaltung offener Bereiche). Ihre und angrenzende Biotope sollten gezielt entwickelt bzw. verbessert werden (z. B. Vegetationsstrukturen, Flachwasserzonen, Eiablageplätze).

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Verwendete und weiterführende Literatur

ENGELMANN, W.-E., J. FRITZSCHE, R. GÜNTHER & F. J. OBST (1986): Lurche und Kriechtiere Europas. - Stuttgart (Enke).

GRUSCHWITZ, M. & R. GÜNTHER (1996): Würfelnatter - Natrix tessellata (LAURENTI, 1768). – In: GÜNTHER, R.: Die Amphibien und Reptilien Deutschlands. - Jena (Gustav Fischer): 684-699.

LENZ, S. & M. GRUSCHWITZ (1993 a): Zur Autökologie der Würfelnatter Natrix t. tessellata (LAURENTI, 1768) in Deutschland. - Mertensiella 3: 235-252.

LENZ, S. & M. GRUSCHWITZ (1993 b): Zur Populationsökologie der Würfelnatter Natrix t. tessellata (LAURENTI, 1768) in Deutschland. - Mertensiella 3: 253-268.

LENZ, S., M. GRUSCHWITZ, A. D. SCHMIDT & A. HERZBERG (2006): Entwicklung und Vernetzung von Lebensräumen sowie Populationen bundesweit bedrohter Reptilien an Bundeswasserstraßen am Beispiel der Würfelnatter an den Flüssen Mosel, Lahn und Elbe. - Natur und Landschaft 81: 152-157.

Zusammenfassungen der Tagungsbeiträge der internationalen Fachtagung „Die Würfelnatter Natrix tessellata: Biologie, Ökologie und Schutz“ 2009 in Bad Kreuznach: http://www.amphibienschutz.de/tagungen/wuerfelnatter.htm

Weitere Literatur
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